Gründer des Rates der Kärntner Slowenen
Nach der Annahme der Oktoberverordnung, betreffend das verpflichtende zweisprachige Schulwesen, schien es, Tischlers Politik des Überzeugens und geduldigen Sammelns von Konzessionen wäre der richtige Weg, der allmählich und mit kleinen Schritten die langen Jahre der Ungerechtigkeiten, die der slowenischen Volksgruppe in Kärnten zugefügt worden waren, beenden würde. Mit Ausnahme der immer lauter werdenden Kritik unter den radikaleren Mitgliedern der Befreiungsfront, beurteilten die Slowenen Tischlers Wirken in der Landesregierung „sehr positiv“. Zumindest war er selbst dieser Meinung, als er sich rückblickend an jenen Zeitabschnitt erinnerte: „Immer wieder kamen Leute zu mir und sie fanden immer ein offenes Ohr und eine schnelle Lösung.“
Tischler v družbi s škofom Gregorijem Rožmanom in prelatom Rudolfom Blümlom / Tischler in der Gesellschaft des Bischofs Gregorij Rožman und des Prälaten Rudolf Blüml.
(ADT/ZRC SAZU)
Zu ersten größeren Unstimmigkeiten kam es im Zuge der Vorbereitungen auf die Wahlen, die für den 25. November 1945 ausgeschrieben waren. Die Befreiungsfront für Slowenisch-Kärnten nahm am 21. September die Satzungen und das Programm an. Tischler bat die britische Besatzungsmacht, die Slowenische Partei auf dieser Grundlage arbeiten zu lassen. Am 17. Oktober erklärte er, dass er eine Zusammenarbeit mit den bestehenden Parteien wünsche. Die Slowenische Partei müsse im Wahlkampf als unpolitische Kraft auftreten, die jeden Slowenen, vom kommunistischen Arbeiter bis zum katholischen Priester, einbeziehen sollte. Doch die kommunistischen Machthaber in Jugoslawien beschlossen, dass es besser sei, die Wahlen zu boykottieren, als mit einer Teilnahme an den Wahlen die bestehenden Staatsgrenzen zu legitimieren. Tischler hingegen war am 5. November bereit, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach die Grenzfrage nicht Teil des Wahlkampfes sein würde.
Lojalnostna izjava, s katero so britanske oblasti pogojevale dovoljenje za ustanovitev Slovenske stranke in njen nastop na volitvah / Loyalitätserklärung, von der die britischen Behörden die Erlaubnis zur Gründung der Slowenischen Partei und ihr Antreten bei der Wahl abhängig machten; Tischlerjev podpis/Tischlers Unterschrift 5. 11. 1945. (ADT/ZRC SAZU) (ADT/ZRC SAZU)
Tischlerjeva odstopna izjava, naslovljena na deželnega glavarja Piescha /Tischlers Rücktrittserklärung, adressiert an den Landeshauptmann Piesch, 6. 11. 1945.
(ADT/ZRC SAZU)
Tischlers Entschluss verursachte viel Aufregung im kommunistischen Kern der Befreiungsfront, die einen slowenischen Wahlboykott forderte. Der Streit erreichte seinen Höhepunkt am 6. November 1945 beim Treffen des Plenums des Regionalausschusses der Befreiungsfront für Slowenisch-Kärnten, als Tischler
das Misstrauen ausgesprochen wurde. Tischler trat wegen des von Mitgliedern der Führungsriege der Befreiungsfront getätigten Vorwurfes des Fehlverhaltens zurück, sowohl als Vertreter der Slowenen in der Landesregierung als auch als Vorsitzender der Befreiungsfront für Kärnten. Die britische Besatzungsmacht war nicht bereit, die Wahlen zu verlegen. Tischler bezeichnete die Entscheidung über die Nichtteilnahme bei der November-Wahl rückblickend als „historischen Fehler“.
Dass Tischler damals die Beziehungen zur Befreiungsfront nicht vollkommen abbrach, ist wahrscheinlich auch eine Folge der Tatsache, dass er den Slowenischen Kulturverband erneuern wollte, der mit dem Überfall der Achsenmächte auf Jugoslawien aufgelöst und verboten worden war; dafür jedoch brauchte
er eine breitere Unterstützung. In der Hauptversammlung am 20. März 1946 wurde er zum Obmann gewählt. Es war jedoch für ihn immer schwieriger, die verschiedenen Ansichten in Einklang zu bringen, die Gegensätze zu den kommunistischen Aktivisten wurden immer stärker. Tischler trat deshalb am 9. Jänner 1949 aus dem Regionalausschuss der Befreiungsfront aus. In der Hauptversammlung am 12. März desselben Jahres wurde Tischler auch nicht mehr zum Vorsitzenden des Slowenischen Kulturverbandes gewählt.
Tischlerjev govor na občnem zboru Slovenske prosvetne zveze / Tischlers Rede in der Hauptversammlung des Slowenischen Kulturverbandes, 20. 3. 1946. (ADT/ZRC SAZU)
Die endgültige Entscheidung, eine neue politische Organisation zu gründen, die auf den Grundlagen der Kärntner slowenischen Partei aus der Zeit vor dem Weltkrieg fußen sollte, fasste Tischler nach dem Treffen der Außenminister der Großmächte in Paris, wo sie am 16. Juni 1949 entschieden, dass die vor dem Anschluss bestehenden Grenzen Österreichs unverändert bleiben. Eine gute Woche später, am 28. Juni, wurde die erste Hauptversammlung der neuen politischen Organisation – des Rates der Kärntner Slowenen – einberufen. Bei der Besprechung sagte Tischler – die berühmten und mehrmals zitierten Worte – „dass das Schicksal der Kärntner Slowenen wieder ihnen selbst in die Hände gegeben worden ist“. Tischler fasste später die Hauptbeweggründe für die Gründung einer neuen Organisation in der folgenden Erklärung zusammen: „Wir wollten die neue Realität anerkennen sowie betonen, dass wir Teil des slowenischen Volkes sind und dass wir die Politik in Kärnten auf jenen Grundlagen bauen wollen, auf welchen die Politik in Kärnten vor dem Kriege gewachsen ist.“
Tischlerjev govor na občnem zboru Slovenske prosvetne zveze / Tischlers Rede in der Hauptversammlung des Slowenischen Kulturverbandes, 20. 3. 1946. (ADT/ZRC SAZU)