Gründervater des Slowenischen Gymnasiums
„Es ist übertrieben zu sagen‚ Gründervater des Slowenischen Gymnasiums‘. Das Slowenische Gymnasium ist Kind des Wollens aller Kärntner Slowenen. Ich habe von ihm eine nationale Wiedergeburt erwartet und das ist die Aufgabe der jungen Generation. Dass aber kein Menschenwerk vollkommen ist, wissen wir alle.“ So schätzte Tischler im Jahre 1977 seine Rolle bei der Gründung des Slowenischen Gymnasiums ein, das sich gerade unter seiner Leitung zu einer Institution mit großem Ansehen und großer Geltung entwickelt hatte.
Prvo šolsko leto na Slovenski gimnaziji / Das erste Schuljahr am Slowenischen Gymnasium. (ADT/ZRC SAZU)
Schon vor der Gründung des Slowenischen Gymnasiums engagierte sich Tischler tatkräftig für die Unterstützung der Schulschwestern und deren Schulen in St. Peter im Rosental und St. Ruprecht bei Völkermarkt. So erreichte er, dass beide Schulen 1955 das Öffentlichkeitsrecht erhielten. Im Bewusstsein des finanziellen Engpasses bei der Arbeit der St. Ruprechter Schule kam Tischler auch als Pädagoge zu Hilfe. Jahrelang fuhr er mit dem Omnibus von Klagenfurt nach St. Ruprecht, um die Schülerinnen unentgeltlich zu unterrichten. Im Jahre 1947 bat er die Schulschwestern, sie mögen für die Gründung des Slowenischen Gymnasiums beten. Offensichtlich war er sich der hohen Anforderungen des Projektes bewusst.
Die Gründung des Slowenischen Gymnasiums fiel mit dem Höhepunkt der Hetze gegen die „Verordnung zur Neugestaltung der zweisprachigen Volksschulen“ aus dem Jahre 1945 zusammen. Unterrichtsminister Heinrich Drimmel wollte die slowenische Enttäuschung wegen der Abschaffung dieser Schulverordnung irgendwie kompensieren. Auch gegen diese seine Absicht protestierten deutsch-nationalistische Organisationen in Kärnten, der Unterrichtsminister jedoch vertrat den Standpunkt, diese wären weder berufen noch berechtigt zu protestieren. Drimmel war der Ansicht, dass es sich dabei um die Frage einer gerechten Behandlung der Minderheit und um außenpolitische Erwägungen handle, zu denen auch die Erfüllung des Österreichischen Staatsvertrages gehöre.
Tischlerjeva dopisa rojakom o ustanavljanju Slovenske gimnazije /Zwei Schreiben Tischlers an die Landsleute über die Gründung des Slowenischen Gymnasiums, 25. 1. in/und 4. 6. 1956. (ADT/ZRC SAZU)
Zapisnik 1. seje učiteljskega zbora Slovenske realne gimnazije v Celovcu / Protokoll der 1. Sitzung des Lehrkörpers des Slowenischen Realgymnasiums in Klagenfurt, 24. 6. 1957. (ADT/ZRC SAZU)
Prva matura na Slovenski gimnaziji v Celovcu je bila 17. in 18. junija 1963 / Die erste Matura am Slowenischen Gymnasium in Klagenfurt fand am 17. und 18. Juni 1963 statt.
(ADT/ZRC SAZU)
Die rechtliche Grundlage für die Gründung des Slowenischen Gymnasiums war der Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages, der im Absatz 2 bestimmte, dass österreichische Staatsbürger der slowenischen und kroatischen Minderheit Anspruch auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen haben. Ende August 1955 schickte Drimmel dem Kärntner Landesschulrat einen Brief mit dem Vorschlag, noch im Herbst gemäß dem Österreichischen Staatsvertrag eine Mittelschule für Slowenen zu gründen. Die Vorbereitungen für die Gründung jedoch verzögerte sich. Das Gründungsdekret für das Bundesrealgymnasium für Slowenen in Klagenfurt traf von Wien nur einen Tag nach Tischlers 55. Geburtstag ein, am 9. Mai 1957. Das Unterrichtsministerium überantwortete daraufhin am 5. Juni 1957 Tischler die Aufgabe, die Vorbereitungen für die Eröffnung des Slowenischen Gymnasiums zu leiten. Die erste Sitzung des Lehrkörpers des Slowenischen Realgymnasiums in Klagenfurt wurde für den 24. Juni 1957 einberufen. Das Unterrichtsministerium teilte ihm mit Dekret vom 24. Juni 1957 Räumlichkeiten auf dem Klagenfurter Realgymnasium in der Lerchenfeldstrasse 22 zu. Neben der räumlichen Beengtheit (im Konferenzzimmer waren auch die Bibliotheken für Lehrer und Schüler sowie das Lehrmittelkabinett untergebracht) bedeutete dies auch Nachmittagsunterricht. Das erste Lehrerteam bestand aus Tischler, der Mathematik unterrichtete, sowie 7 Lehrern und 3 Lehrerinnen. Die erste Konferenz des gesamten Lehrkörpers war am 11. September 1957. Nach Ablegung der Prüfungen waren für die erste Klasse 39 Schüler eingeschrieben, für die zweite 35 und für die dritte 27, insgesamt also 101 Schüler. Schwierigkeiten bereitete vorerst der Mangel an Lehrbüchern. Die Schule war zahlreichen Angriffen aus den nationalistischen Reihen in Zeitungen ausgesetzt, die die Ansicht vertraten, die Slowenen hätten kein Recht auf eine Mittelschule. Es traten auch Behauptungen auf, dass Lehrer aus Jugoslawien an dieser Schule unterrichten würden, obwohl es klar vorgeschrieben war, dass nur vollqualifizierte Lehrer mit österreichischer Staatsbürgerschaft unterrichten dürfen; auch die Schüler mussten die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.
Zapisnik konference vsega učiteljskega zbora Državne gimnazije za Slovence v Celovcu / Protokoll der Konferenz des gesamten Lehrkörpers des Bundesgymnasiums für Slowenen in Klagenfurt, 11. 11. 1957. (ADT/ZRC SAZU)
Mit Beschluss des Bundespräsidenten Adolf Schärf am 9. Juni 1962 wurde Tischler
definitiv zum Direktor ernannt. Anlässlich der ersten Matura im Jahre 1963 erreichte das Bundes- und Bundesrealgymnasium für Slowenen die volle Zahl von acht Klassen. Zum Vorsitzenden der ersten Maturakommission bestimmte
Drimmel Albert Schreiner, den Direktor der höheren Realschule an der Militärakademie in Wiener Neustadt. Die schriftlichen Arbeiten wurden ihm am 29. Mai zugeschickt, die mündlichen Prüfungen leitete er am 17. und 18. Juni. Von insgesamt sechzehn Schülern, die zur Ablegung der Matura zugelassen waren, legten die Reifeprüfung 6 mit sehr gutem Erfolg ab, die übrigen mit Erfolg. Schreiner kommentierte damals die Ergebnisse mit dem Kompliment: „Wenn ihr das beim Nachmittagsunterricht erreicht habt, ist das ein Beweis, dass auf der Schule ernsthafte Arbeit geleistet wird.“ Die Zeugnisse wurden den Schülern auf der Festakademie am 23. Juni von Landeshauptmann Ferdinand Wedenig überreicht.
Im Jahrzehnt, als Tischler Direktor war, wuchs das Slowenische Gymnasium auf 15 Klassen mit 398 Schülern und 22 Professoren an. Die Festeröffnung der neuen Räumlichkeiten am 18. Juni 1975 erlebte Tischler, als er schon im Ruhestand war. Er erreichte jedoch in der Zeit seiner Leitung die Zusicherung der Regierung in Wien, dass das Slowenische Gymnasium ein Grundstück für den Bau eines eigenen Schulgebäudes erhalten wird.